Kapitel Drei

Hein bezieht auf dem Schulweg Prügel. Daraufhin fasst er den Entschluss, stark zu werden und die Schwachen zu beschützen. Am schönsten ist es, wenn der Vater nicht Zuhause ist. [1887]

Aus zwei Toren, die eine lange Mauer vor ihren Endpfeilern durchbrachen, strömten lärmend Kinder der verschiedensten Altersstufen.

Die Kinder trugen unter den Armen Bücher, die mittels eines Riemens zusammengeschnürt waren. Zuunterst war meist die Schiefertafel, in Holzleisten gefasst. Ein Teil der Schüler hatte Tafeln mit breiten, polierten, gelben Rahmen und ebensolche Griffelbüchsen; während die Mehrzahl nur schmale, rohe Umrandungen aufwies. Vereinzelt trugen Knaben und Mädchen, die sich durch schmucke Kleidung von den anderen abhoben, schwarze und braune Tornister.

Hinter der Mauer erhob sich ein roter, kasernenartiger Bau, ihm gegenüber lagen zwei Geschäfte, ein Papier- und ein Bäckerladen. Auf dem Schaufenstersims des letzteren stand eine Reihe hoher zylindrischer Gläser mit vielfarbigen Karamellen gefüllt. Langsam drückten sich einige Kinder vorbei.

Hein ging, lebhaft ausschreitend, hinter einer Gruppe gleichaltriger Knaben, wie im Takt fortwährend seinen Kopf nach rechts und links neigend. Er war verstimmt, hatte ihn doch ein Schüler, namens Christian Wolter, dem er sich nicht gleichwertig fühlte, gehänselt. Um seinem Ärger irgendwie Luft zu machen, sagte er immer fort vor sich hin: „Cress los nen Dress[1]. Cress los nen Dress!“

Ein älterer Junge ohne Rock, der eine blaue Schürze trug und ein kurzes gehobeltes Brett im Arm hielt, hatte ihn eben überholt. Nachdem er sich nochmals nach Hein umgedreht, schlug er jetzt auf ihn ein: „Domme Panz! Wels Du dat wohl sinn losse?!“[2], gab ihm noch eine Ohrfeige, die ihn zur Erde warf. Sein Pack Schulsachen lag aufgelöst auf dem Bürgersteig und wurde von den Vorübergehenden achtlos umgangen.

Beim Aufstehen erkannte Hein in dem Arbeiter einen in der Holweider Straße wohnenden Jungen, von dem er aber nur wusste, dass er auch Christian hieß.

Ausschnitt Karte Mülheim (Zeitraum 1919-1945); Datenquelle: Stadt Köln – offenedaten-koeln.de

Vor einem neuen Schlage zurückweichend, rief er, mit Schrecken das Missverständnis gewahr werdend: „Domet han ich Dich doch nit gemeint! Ich meint doch den Wolters Cress! Ich han Dich doch garnit gesinn!“[3]

Der andere nahm aber keine Notiz davon, schlug Hein, der sich nun verzweifelt wehrte, nochmals nieder.

Krebsrot vor Wut, nahm dieser von mitleidigen, vereinzelt auch höhnischen Bemerkungen Kenntnis, die ihm Schüler zuwarfen. „Wat, wenn ich gross ben, kriess Du alles widder!“, rief er seinem Peiniger nach und raffte heulend seine Bücher zusammen.

Wie brannte das im Hirn. Elend ist es, schwach zu sein. Sich nicht wehren können. Aufstehen nur, um wieder niedergeschlagen zu werden. Hätte ich ihn doch an den Beinen gefasst, schalt er sich selbst. Warum ist mir so etwas nicht eingefallen? Laut weinte er vor sich hin: „Au, wat nur, wenn ich bloss gross ben, dann sols Du ens jet sinn!“[4]

Die Erinnerung an Abs kam wieder auf, groß, mächtig! Nie würde auch nur jemand daran denken, den zu schlagen. Und wenn er groß wäre, würde er nie einen schlagen, nur, wenn er sich wehren müsste. Lieber würde er einen Schwachen beschützen. So hatte er es damals in Abs Augen gelesen.

Hein rief den glänzenden Abend aus der Vergangenheit zurück, in sich einen festen, unverrückbaren Entschluss verankernd. Er wird sich, wenn er der Mutter im Haushalt hilft, noch mehr beeilen, damit er häufiger den Pflasterstein stemmen kann, den er im Garten versteckt hält. Beim Spielen will er die Schulkameraden jetzt immer zum Balgen ermuntern. – Und wenn er aus der Schule kommt, wird er Zimmermann und geht in einen Verein. – Ich will, ich muss ein starker Mann werden.

Hein wurde sich schlüssig, die Mutter den Vorfall erst gar nicht merken zu lassen. Ein Buch, das in die Gosse gefallen und stark verschmutzt war, steckte er in die Mitte des Bündels, trat, die letzten Tränen fortwischend, ins Haus, drückte, mit gleichgültiger Miene aufatmend, die Küchentür hinter sich zu: „Tag Mama”, und war froh, dass er gerade noch zurechtkam, um ihr beim Auftischen helfen zu können.

* * *

Lorenz Felseck trat in bester Laune ins Haus. Sein kaufmännischer Berater hatte ihm heute mitgeteilt, dass eine große, ausländische Firma Interesse an einer von ihm gemachten Erfindung habe. Es war auch Zeit. Der Vorschuss, den er sich im Geschäft genommen, wuchs ihm bald über den Kopf. Zeitweilig war es ihm ja in den Sinn gekommen, das Patent seinem Chef anzubieten. Wozu aber? Kommerzienrat Von Bergmann würde seine geniale Erfindung als Pflichtleistung ohne jedes Äquivalent annehmen. Nun kam Fluss in die Sache.

Bearbeiteter Ausschnitt Greven´s Adreßbuch für Köln, Deutz, Kalk, Mülheim, Ehrenfeld, Nippes sowie für die Umgebung Köln´s / 33. Jahrgang 1887; Datenquelle: Universitäts- und Stadtbibliothek Köln

Schmunzelnd musterte er die Einrichtung des dunkel geblümt tapezierten Raumes. Unter einem großen Regulator das breite, mit schwarzem Wachstuch bezogenen Sofa. Davor der bunt gedeckte Tisch, auf dem die Abendzeitung bereit lag. Alles sauber, konstatierte er zufrieden, warf noch einen Blick auf das schmale, nussbraunfarbene Vertiko, dessen blanke Etagere einige Nippessachen zierten. Gemächlich ließ er sich auf das Sofa fallen: „Frau, wo sind denn die Kinder?“, rief er der eintretenden Mathilde entgegen. „Gott nein, ich versteh das wirklich nicht! Wozu hat man denn seine Familie, als dass man mal gemütlich zusammensitzen tut?“ Mathilde hielt die Kaffeekanne vor den Leib und sagte mehr erfreut als wehrend: „Lorenz!“, das Wort stark in die Länge ziehend. Die unerwartete gute Stimmung des Mannes war ihr ein hoher Preis für den Verzicht auf die Widerrede.

Maßlos verwundert nahmen die Kinder am Tische Platz, der gerade für sieben Platz bot. Der Vater gab jedem der älteren fünf Pfennige, Nettchen erhielt sechs.

Hein und Nettchen halfen Geschirr und Brot hereintragen, Mathilde griff frei aufatmend nach dem Brot, das nun, wie ein Magnet, die Blicke der steif dasitzenden Kinder auf sich zog.

Lorenz kam ihr zuvor. Mit in sich gekehrtem Lächeln huschte sein Auge über den großen Tisch, auf dessen Rand die acht blanken Tassen wie Schmuckstücke wirkten. Vorsichtig langte er, am Ende der Tafel sich erhebend, zur anderen Seite hinüber, balancierte den Laib über die hohe Kaffeekanne und die Schüsseln zu sich heran. Schmunzelnd nahm er das gleichmäßig lauernde Aufschauen der Kinder in sich auf, runzelte dann sekundenlang die Stirn: „Du wirst Dir eine Stütze nehmen müssen.“

„Mama!“, jubelte Heins flackerndes Augenpaar zur Mutter hin, die, betroffen, wohl im Augenblick nicht zu antworten vermochte. Er empfand Verehrung für seinen Vater, der so schön und groß war und ihm, wie auch der Mutter, und allen, gut sein würde. Freudig schlug er unter dem Tisch die Schuhe zusammen.

Mathilde, erst jetzt die Tragweite des Angebots erfassend, gab ihrer Quittung den Ton einer Frage. „Lorenz?!“, konnte sie nur wieder sagen.

„Natürlich, ein Mädchen von 14-15 Jahren kann Dir viel abnehmen.“ Lorenz beschrieb mit dem breiten Messer ein Kreuz auf dem Brot: „Heute können die Kinder auch mal Butter haben“; worauf sich die Augen der älteren weiteten.

Zu jeder Schnitte nahm Lorenz von der vor ihm stehenden Untertasse ein Kleckschen Butter: Er strich mit dem Messer so fest über das Brot, dass jedes Mal eine dicke mit Butter verklebte Krümelschicht am Messer blieb. Hein mit großer Andacht eine Schnitte reichend, bemerkte er nachdrücklich: „Es sind schlechte Zeiten.“ Hein drängten sich so viele Gedanken auf, Spiel, Spaziergänge mit dem Vater, der Zoologische Garten. Ob er eine Frage an ihn wagen sollte? Die wie die Puppen in der Runde sitzenden Geschwister verscheuchten diese Absicht wieder. Beim Essen durfte ja nie gesprochen werden.

Nettchen wusste: sie ist Papas Liebling. Sie durfte es wagen, etwas zu erzählen: „Wir haben eine neue Lehrerin; die ist so gut.“
„So?“, brummte Lorenz.
„In fünf Wochen ist Kirmes, Papa!“ Dann sah sie fragend zur Mutter und hielt es für geraten, zu schweigen.

Mathilde wurde es so leicht, so frei im Kopf. Sollte eine neue Zeit anbrechen? Besann Lorenz sich wirklich auf seine Familie, oder war es nur eine gnädige Laune? Verträumt sah sie ihn an.

Ihr mildes Gesicht und der eigenartig frohe Blick gaben Hein Lust zu einem Angriff auf das Herz des Vaters: „Darf ich ein Gedicht aufsagen?“
„Alter!“, protestierte Lorenz: „Was aufsagen? Du bist doch kein Kind mehr!“
„Mit zwölf Jahren! Lass ihn doch“, bat die Mutter, wusste sie doch, was der Junge in Petto hatte; aufmunternd zwinkerte sie ihm zu.
„Na, ja! Aber wenn Du stecken bleibst, musst Du das Mirakel holen!“, kündigte der Vater an.

„Das Mirakel!“, zuckte es in Hein auf. Das daumendicke mit Leder überzogene Kabelende! Daran musste der Vater ihn jetzt erinnern. Es war ihm im Augenblick, als fühle er noch den reißenden Schmerz vom letzten Mal auf dem Rücken. Die schreckliche Stunde, die sie vor einigen Wochen erlebten, tauchte vor ihm auf. Der Vater kam missgestimmt heim, gerade als ein Gewitter im Anzuge war. Walnussgroße Hagelkörner prasselten gegen Türen und Scheiben. Plötzlich hörten sie den Vater im Wohnzimmer brüllen, sahen ihn am offenen Fenster stehend rufen: „Hier herein, Blitz und Donner! Hier bin ich!“ Die Gardinen flatterten wie Fahnen ins Zimmer herein. Die Lampe ging aus und fiel um. Dann hatte er wild um sich geschlagen und Hein flog in eine Ecke, wo er, wie betäubt, lange liegen blieb. Schnell verdrängte er die hässlichen Gedanken, fing Mathildes bangen Blick auf. „Die Rosse von Gravelotte!”[5] begann er stockend.

„Heiß war der Tag und blutig die Schlacht,
Kühl wird der Abend und ruhig die Nacht.
Droben vom Waldsaum nieder ins Thal
Dreimal schmettert Trompetensignal!“

Cornelchen stellte das Kauen ein, glotzte Hein und den Vater an. Auch Nettchen nahm die Schnitte vom Munde zurück, legte die Hände artig in den Schoss.

Nachdenklich lehnte Lorenz sich nach hinten. Wie schön fest der Junge spricht. Sicher weiß er von der Mutter, dass er bei Gravelotte[6] mit dabei war. Wie nett, dass sie das Gedicht für mich bereit haben. Seht einer an, wie seine Backen glühen, er redet sich noch ganz in Erregung. Es war ja auch ein toller Tag! Wie sie vorrückten, weit und breit nichts zu sehen. Rechts fiel ein Kamerad, links fielen zwei. Wut erfasste sie. Wo ist der Feind?! Dann kam das befreiende Kommando zur Attacke.

„Über dreihundert hat man gezählt,
Rosse, zu denen der Reitersmann fehlt.
Über dreihundert, o blutige Schlacht,
Die so viel Sättel hat ledig gemacht!“

Das zwang Lorenz, alles nachzuerleben. Sein verschleierter Blick suchte das Bild neben der Tür, auf dem er inmitten seiner Kameraden stand, von denen mehr als ein Drittel die Heimat nicht wiedersahen.

„Komm her, Alter!“, gebot er mit erstickender Stimme: „Bist ja auch mein guter Junge!“, ihn herzend und küssend. Dicke Tränen perlten auf Heins Hände.

Da sah er verwundert zum Vater auf, vergebens ratend, wie das komme, dass der sonst so harte Mann nun gar so weich sei. Ja, der Krieg mochte wohl schlimm gewesen sein, aber das war doch so lange her. Wenn er nun an alles so lange denken wollte: an das Mirakel; dass er tausend Mal schreiben sollte „Du darfst nicht stehlen“, nur weil er zum Ansehen der Spatzenfalle des Nachbarn mal über den Zaun gelangt hatte; und so vieles andere. Dann müsste er ja immer weinen. Da musste es wohl an etwas anderem liegen, sagte er sich. Wie oft sehnte er sich danach, einen Vater zu haben, wie sein Freund Mappei, der häufig mit ihm in den Wald und nach Köln in den Zoologischen Garten ging, manchmal sogar wie ein Junge mit ihm spielte.

Hein schien es, als weine auch die Mutter; das war aber eine Täuschung. Sie zwinkerte ein paarmal, schloss auf einen Moment die Augen. In ihren Zügen, die heute so glatt waren, entdeckte er ein verborgenes Lächeln.

Mathilde gab sich dem Genuss der Stille hin. Da Lorenz sie, die Reservistenpfeife stopfend, warm ansah, jauchzte ihr Herz auf. Wie war das möglich? Mit so reinem, frohem Blick bedachte er sie nach so vielen Jahren wieder?

Nettchen sprach wieder von der Kirmes: „Ich kaufe mir türkischen Honig. Dann behalte ich einen Pfennig übrig!” Sie machte einen kleinen Bogen über den Tisch: „So viel gibt es für fünf Pfennig!“

„Und Du, Alter?!“, erkundigte sich der Vater. Hein staunte über die Frage, besann sich lange. Ob er um die Erlaubnis fragen sollte, in den Turnverein eintreten zu dürfen, in dem seit kurzem eine kleine Schülerriege bestand? Ach nein, er wollte lieber erst mal billigeres wünschen: „Ich möchte den Lukas hauen oder in die Athletenbude gehen. Das kostet aber zwanzig Pfennig. Dreimal den Lukas hauen, kostet zehn.“

„Du bist wohl verrückt, Junge!“, kam lachend die Antwort: „Dafür wirft man kein Geld fort!“ Auch auf die Schwärmereien von Abs ging er nicht ein: „Balgen kannst Du noch genug, wenn Du mal Soldat wirst.“

Mathilde fiel ein Beweismittel ein, das Hein wohl nützen könne: „Für den Lukas, das wäre eine Schande, aber etwas Turnen schadet nichts. Das würde Hein schon vertragen, wenn er älter ist.“ Da Heins freudiger Blick sie traf, fügte sie selbstgefällig hinzu: „Er ist doch kräftig und auch gesund.“ Mathilde wurde lebhaft: „Schon früher, weißt Du noch Lorenz? Wenn er immer fortlief, da fand ich ihn schon von weitem durch seine weiße Haut zwischen den anderen heraus.“

Lorenz musterte kritisch Heins schmales, bleiches Gesicht. Mathilde sah doch etwas, das gar nicht vorhanden war. Sich erhebend, nickte er, befriedigt, dass das Weinen Klärchens ihm Anlass gab, sich zu entfernen: „So, das war mal wieder nett. Jetzt gehe ich einen Schoppen trinken.“ Mathilde schien auf dem Stuhl größer zu werden. Zum Abgewöhnen, tröstete sie sich, ein wenig resigniert quittierte sie: „Nun ja.“

In der Küche meinte Hein mitten im Spielen: „Das war aber schön eben, nicht Mama?“ Da musste der sich von Nettchen ergänzen lassen, die heiter erklärte: „Es ist aber meistens schöner, wenn Papa nicht zu Hause ist.“

Mathilde erschrak sehr. „Sowas darfst Du über Deinen Papa nicht sagen!“, warf sie streng ein und beschloss, ihnen von seinem schweren Beruf zu erzählen. Nur das Klirren der Stricknadeln mischte sich in den singenden Tonfall ihres Berichtes: „Der Vater befiehlt weit über dreihundert Leute. An hundert Maschinen stehen in seiner Halle. Er muss viel schreiben und auch darüber nachdenken, wie alles besser gemacht werden könnte. Und seine Leute haben ihn gern! Er tritt sehr für sie ein!“

Bleistiftzeichnung des etwa 13-jährigen Heinrich Weber. Aus seinem Zeichenheft (ca.1888); Sammlung privat

Hein war froh, als er aufgefordert wurde, sich rücklings auf die Bank zu legen, bedeutete das doch für ihn immer eine Mahlzeit außer der Reihe. Cornelchen kletterte auf seinen Bauch, ihn rechts und links unter lautem Jauchzen beharrlich backpfeifend. Die andern erbaten von der Mutter Brotkrusten, die der Vater übrigließ und die meist zum Kochen von Brotsuppe Verwendung fanden. Hein sperrte bereitwillig den Mund auf, schnappte geschickt und unermüdlich nach den ihm zugeworfenen Kanten. Sogar einige Zuckerstücke opferte die Mutter. „Augen zu!“, befahl ihm Nettchen.

Jetzt warfen sie ihm Blechknöpfe in den Mund, und es bedurfte großer Anstrengung, sich gegen den Widerstand Johanns und Nettchens zu erheben, um unter nicht enden wollendem Gelächter, an dem sich auch Mathilde beteiligte, prustend ein Dutzend Knöpfe auszuspucken.

„Fress alles!“, neckte ihn Mathilde, überzeugte sich aber durch einen beinah schelmischen Blick, dass er es nicht übel auffasse.

Dann beschlich sie Unbehagen. Lorenz ist wieder trinken. Die Jungen müssen morgen in der Wirtschaft wieder seinen Freunden vorsingen, und falls er sein Wort hält, nimmt er mich abends mit in zwei oder drei Kneipen. Das ist dann mein Sonntag. „Vielleicht doch das letzte Mal“, murmelte sie, dachte aufstehend: Jetzt ist die rechte Zeit, ihn davon abzubringen. Morgen früh wird er mir sicher vom Patente erzählen. Dann werde ich ihm raten, nicht alles von dieser Seite zu erwarten, und ihm sagen, dass es doch ohne dies immer so sein könnte wie heute.

* * *


[1] Dress = 1. Dünnschiss, Diarrhö, Durchfall, Scheiße, Kacke, Kot, Mist, Bauchwind; 2. Minderwertiges; 3. Verdammt! Vgl. Die Akademie för uns kölsche Sproch (online; 21.04.2025). Der gesamte Ausspruch kann hier übersetzt werden mit: „Christian, lass den Mist!“. Vgl. E-Mail von Kalli Wenzel, 5.04.2023.

[2] Panz = 1. Kind; 2. Leib, Bauch, Magen, Pansen. Vgl. Die Akademie för uns kölsche Sproch (online; 21.04.2025). Der gesamte Ausspruch kann hier übersetzt werden mit: „Dummes Kind! Wirst Du das wohl sein lassen?!“. Vgl. E-Mail von Kalli Wenzel, 5.04.2023.

[3] „Ich han Dich doch garnit gesinn!“ = „Ich habe dich doch gar nicht gesehen!“. Vgl. E-Mail von Kalli Wenzel, 5.04.2023.

[4] „… dann sols Du ens jet sinn!“ = „… dann sollst Du mal sehen!“ Vgl. Die Akademie för uns kölsche Sproch (online; 21.04.2025).

[5] Gedicht von Karl Friedrich Gerok, ab 1868: Von Gerok (geb. am 30.01.1815 in Vaihingen/Enz; gest. am 14.01.1890 in Stuttgart), deutscher Theologe und Lyriker. Vgl. Karl von Gerok, WIKIPEDIA (online; 21.04.2025).

[6] Am 18.08.1870 fand die Schlacht bei Gravelotte statt. Zwei deutsche Armeen stoppten den Vormarsch der französischen Rheinarmee. Vgl. Schlacht bei Gravelotte, WIKIPEDIA (online; 21.04.2025).